Keine Subventionierung von Hoteliers zu Lasten der Kulturschaffenden – Künstlerinnen und Künstler rufen das Parlament zum Fairplay auf
Am 10. und 12. September bereinigt das Schweizer Parlament die letzten Differenzen in der Urheberrechtsrevision (URG). Zu diesen gehört auch eine Idee, welche Schweizer Künstlerin-nen und Künstler zu Gunsten der Hoteliers benachteiligen würde: Hotelbetriebe und Besitzer von vermieteten Ferienwohnungen dürften ohne Bezahlung der Kulturschaffenden urheber-rechtlich geschützte Werke kommerziell nutzen. Obschon sie ihren Gästen den Konsum von Filmen und Musik auf ihren Empfangsgeräten in Hotelzimmern und Ferienwohnungen als Teil ihrer Dienstleistungen anbieten. Schweizer Kulturschaffende wehren sich gegen diese Zwängerei der Hotellerie und bitten den Präsidenten von HotellerieSuisse und Nationalratskandidaten Andreas Züllig in einem offenen Brief um Fairplay.
Lausanne/Bern/Zürich, 09. September 2019 – Schweizer Künstlerinnen und Künstlern sollen in Zukunft leer ausgehen: Besitzer von Hotels und an Dritte vermieteten Ferienwohnungen würden in Zukunft keine Urheberrechtsvergütungen mehr bezahlen, obschon sie Musik und Filme auf ihren Geräten in Gästezimmern als Teil ihrer kommerziellen Leistungen anbieten. Anstatt für die kommerzielle Nutzung ihrer Werke und Leistungen fair bezahlt zu werden, würden Musikschaffende, Filmemacher, Schauspieler und andere Kulturschaffende mit ihrer Arbeit die Hotellerie in der Schweiz subventionieren. Der National behandelt die Frage am 10. September. Der Ständerat hat im Frühjahr 2019 entschieden, diese Idee sei fallenzulassen.
Ein hart errungener Kompromiss steht auf dem Spiel
Der Antrag verletzt den hart ausgehandelten und fragilen Kompromiss der Arbeitsgruppe zum Urheberrecht (AGUR 12). Die Forderung, Hoteliers hier (plötzlich) auszunehmen, gelangte zu einem sehr späten Zeitpunkt im Nationalrat in die Gesetzesvorlage. Um den Kompromiss zu ermöglichen, haben Urheber und Rechteinhaber jedoch zuvor viele Konzessionen gemacht.
Es würde ferner ein Präjudiz geschaffen: Das Bundesgericht hat im Dezember 2017 entschieden, dass für die Verbreitung von Radio- und Fernsehprogrammen in Hotelzimmern oder vermieteten Ferienwohnung weiterhin eine Vergütung bezahlt werden muss, wenn Hoteliers bzw. Vermieter von Ferienwohnungen die dazu notwendigen Geräte wie Fernseher oder Radios zur Verfügung stellen. Da dieses Angebot den Gästen in Rechnung gestellt wird, handelt es sich hier nicht um Privatgebrauch.
Internationales Recht würde missachtet – Schweizer Kulturschaffende wären benachteiligt
Der im URG neu geschaffene Artikel widerspräche der Berner Übereinkunft, einem völkerrechtlichen Vertrag zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst. Zu diesem Schluss kommt ein Gutachten der Universität Lausanne im Auftrag von Swisscopyright, dem Verbund der fünf Schweizer Verwertungsgesellschaften. Aus diesem Grund könnte der Artikel nur für die Schweizer Kulturschaffende gelten, wenn die Schweiz ihre internationalen Verpflichtungen einhalten will. Dies wäre eine Diskriminierung der Schweizer Kulturschaffenden: Schweizer Künstlerinnen und Künstler erhielten keine Vergütungen mehr, die Hotels müssten aber für Werke ausländischer Kulturschaffender bezahlen. Die Regelung würde auch weitere internationale Abkommen missachten: das World Copyright Treaty WCT und das WTO-Freihandelsabkommen TRIPS. Dies könnte wirtschaftliche Sanktionen gegen die Schweiz zur Folge haben.
Keine Forderung seitens der Kantone
Der Artikel würde auch Spitäler und Gefängnisse von der Urheberrechtsvergütung befreien. Allerdings stellen weder kantonale Gefängnisinstitutionen noch Spitäler eine solche Forderung. Es würde demnach einzig auf Betreiben der Hotellerie für diese eine Ausnahme geschaffen. Für das Kulturschaffen würde diese von der Privatindustrie geforderte Massnahme Schaden in Millionenhöhe anrichten.
Die Schweizer Verwertungsgesellschaften in Swisscopyright, ProLitteris, SSA, SUISA, SUISSIMAGE und SWISSPERFORM, fordern als Vertreter der Kulturschaffenden das Parlament auf, die Arbeit und Leistungen der Schweizer Kulturschaffenden zu respektieren und den Antrag abzulehnen.